Fußboden - Falsches Baugutachten

Entstehen durch das Gutachtenergebnis Zweifel, Unsicherheit, Misstrauen, so muss das Gutachten hinterfragt werden. In der Regel wird dies durch die Partei erfolgen, die sich benachteiligt fühlt, aber nun vor der Schwierigkeit steht, die Mängel und Fehler des Gutachtens so darzustellen, dass dies von dem vorwiegend juristisch gebildeten Auftraggeber des Gutachtens, dem Gericht, nachvollzogen werden kann.

Dabei kann ich aufgrund meiner langen Erfahrung mit solchen Problemstellungen helfen und die entsprechende Gegenwehr und Problemlösung aufzeigen.

Mängel Fußboden, Estrich, Heizestrich

Verlegung von Rohrleitungen, Leerrohre usw. innerhalb der Schalldämmschicht.
-
Ausführung des Estrichs vor den Beplankungsarbeiten an Vorwandinstallationskästen und Leitungsschächte usw., so dass der Estrich bis zu den Rohrleitungen geführt wird und die Beplankungen auf dem Estrich stehen.
Grundsätzlich müssen alle Beplankungen und sonstige angrenzende Bauteile fertiggestellt sein bevor der Estrich eingebracht und mittels Randdämmstreifen an diese angeschlossen wird.
-
Risse, Löcher und unsaubere, unvollständige Anarbeitung in den Ecken und an den Türdurchgängen.
-
Teilweise fehlende Schrenzlage oder zu geringe Überlappung an den Stößen.
-
Teilweise unvollständige und schlampige Verlegung der Randdämmstreifen.
-
Ungleichmäßige Estrichdicke, die über die Toleranzen hinausgeht.
-
Die unter bestimmten Gegebenheiten notwendige Mindestdicke des Estrichs wird nicht erreicht.
-
Verstöße gegen die Verarbeitungsvorschriften des Herstellers.
-
Verlegung von Calciumsulfatestrichen in Feuchträumen, in Kellerräumen und Garagen.
-
Verlegung von Calciumsulfatestrich im Bad, obwohl eine bodenebene Dusche vorgesehen ist.
Durch den Einbau einer bodenebenen Dusche wird das Bad definitionsgemäß nach DIN 18195, Teil 5, zu einem Nassraum, also zu einem Innenraum mit nutzungsbedingter Fußbodenentwässerung.
-
Fehlende Mitteilung über die Grenzwerte für die Belegreife und die Messmethode bei schnelltrocknenden und beschleunigten Estrichsystemen.
Was Estrichleger oft nicht akzeptieren wollen: Ihre Leistung ist erst dann vollendet und abnahmereif, wenn der Estrich die Belegreife erreicht, die für das sichere Aufbringen des weiteren Bodenbelags notwendig ist.
-
Fehlende Bewehrung in den zu fliesenden Bereichen.
-
Der Innenputz ist nicht bis auf die Rohdecke geführt.
-
Fehlende Abdichtung unter den Fußbodendämmschichten im Keller- bzw. Untergeschoss.
-
Fehlender Nachweis, dass der an der Baustelle hergestellte Calciumsulfatestrich den in den Normen EN 13813 und DIN 18560-1 geforderten Eigenschaften und Anforderungen entspricht (Konformitätsnachweis).
-
Fehler bei Heizestrichen:
Fehlende Abstimmung der Heizkreise und Fugenbelange des Estrichs.
Fehlende Anordnung von Bewegungsfugen im Estrich bei getrennten Heizkreisen.
Fehlender Fugenplan.
-
Fehlende Bewegungshülsen der Heizleitungen, die Bewegungsfugen kreuzen, z.B. in Türdurchgängen.
-
Fehlende Maßnahmen, die einen Höhenversatz der durch die Fugen getrennten Estrichteile verhindern.
-
Die Mindestdicke für die Überdeckung der Heizleitungen (Warmwasser) wird nicht erreicht.
-
Aufstellen von schweren Warmwasserbehältern direkt auf den Heizestrich, ohne irgendwelche lastverteilende Maßnahmen vorzusehen.
-
Unzureichende oder fehlende Protokolle, z.B. Ablaufprotokoll für die Herstellung beheizter Fußbodenkonstruktionen, Dichtheitsprüfung für Fußbodenheizungen, Protokoll zum Funktionsheizen für Calciumsulfat- und Zementestriche als Funktionsprüfung für Fußbodenheizungen, Protokoll zum Belegreifen des Estrichs.


Vom Pfusch zum „modernen Fußbodenaufbau“:
Die Verlegung von Ver- und Entsorgungsleitungen, auch Ableitungen von Küchen, Hauswirtschaftsräumen von 70 mm Durchmesser, und Lüftungsleitungen für die Klimaanlage usw. auf der Rohdecke, wobei der Phantasie, was noch alles im Fußboden versteckt werden könnte, keine Grenzen gesetzt sind.
Die Leitungen verlaufen ungeplant und zufällig, weder mit den entsprechenden Abständen zu den Wänden noch untereinander, teilweise über Kreuz. Eine typische zufällige Baustellenlösung, die getrost als Pfusch bezeichnet werden kann, wenn man die tatsächlich vor Ort herrschenden Baustellenverhältnisse kennt, z.B.:
- Eine Verlagerung der Planung der Leitungsführungen auf den Auftragnehmer erfolgt. Dies ist den meisten Auftragnehmern, die ihre Leitungen nach Lust und Laune auf der Rohdecke verlegen, anscheinend nicht immer klar. Von Prüf- und Hinweispflichten will keiner etwas wissen.
- Keine detaillierte Ausführungsplanung, die sich z.B. in Schlitz-, Durchbruch- und Montageplänen niederschlägt, durch den Auftragnehmer vorgelegt wird.
-
Im Falle späterer Umbaumaßnahmen oder Reparaturen die auf der Rohdecke realisierte Lage und der jeweilige Verlauf der Rohrleitungen nicht nachvollzogen werden können, weil darüber keine Pläne oder gleichwertige Dokumentationen vorliegen. Später kann niemand mehr sagen kann, wo genau die entsprechenden Leitungen verlaufen. Bei gerichtlichen Ortsterminen ist es schon peinlich, wenn Architekt und Betriebsinhaber selbst nicht wissen, wo und wie die Leitungen angeordnet sind, weil sie nie auf der Baustelle waren.
- Eine Ebenheitsprüfung der Rohdecke scheint nie zu erfolgen. Hier ist die nächste Unsitte eingerissen: Beim Betoniervorgang der Rohdecke wird der eingebrachte Beton nicht mehr mittels vorher eingemessener Lehren eben und höhengerecht abgezogen. Heute wird der Beton möglichst flüssig eingebracht und dann behauptet, dieser würde sich selbst nivellieren. Wie er zum Liegen kommt, so bleibt er eben liegen.
- Die Trittschalldämmung, die eigentlich auf der Rohdecke zu liegen hat, sich hier auf einer unsicheren, wackeligen Unterlage befindet.

 

- In der Praxis wird für solche Verhältnisse ein Höhenausgleich mit meist 40 mm dicken expandierten Polystyrol-Hartschaumplatten geschaffen. Diese Platten müssen genau an die auf der Rohdecke verlegten runden Versorgungsleitungen, einschl. aller Krümmungen und Abzweigungen, angepasst bzw. zugeschnitten werden müssen, um ihrer Funktion einer Ausgleichsschicht, „um Unebenheiten und Höhendifferenzen des tragenden Untergrundes oder Rohre“ (DIN EN 13318, Ziffer 8.3)  auszugleichen, zu genügen, was bei einer konfektionierten Plattenware nur schlecht möglich ist. Hier wird oft argumentiert, gebundene Schüttungen würden diese Probleme nicht entstehen lassen. Nur, wo werden diese denn tatsächlich eingebracht? In meiner Erfahrungswelt nicht.
Zudem kommt, dass die Platten auf dem Rohboden nicht vollflächig aufliegen und beim Begehen brechen, was auch wieder Unebenheiten in die Schalldämmschicht überträgt und der Estrich keine gleichmäßige Dicke erreicht.
- Die oben verbleibenden Rohrrundungen mit einem gebundenen Schüttmaterial aufgefüllt werden müssten, es aber nie sind, damit für die Aufnahme der Trittschall-Dämmplatten eine ebene und tragfeste Unterlage entsteht. Mit der Gefahr sich ungünstig auswirkender Hohlstellen muss dabei immer gerechnet werden. Aber auch hier wird in der Regel mit kleinen bis kleinsten Plattenstücken gemischt mit einer losen, nicht ortsfesten Perliteschüttung o.Ä. gearbeitet. Folge: Wenn der Wind durch den Bau pfeift, wird die Schüttung überallhin verfrachtet.
- Eine unzulässige Druckbelastung der Versorgungsleitungen durch die hier gegebenen handwerklichen Unwägbarkeiten nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
- Undichtigkeiten der Versorgungsleitungen erst viel später entdeckt werden können. Dadurch die Schadensfälle einen erheblich größeren Umfang annehmen können, als bei einem üblichen Einbau der Leitungen in den Wänden.
- Manchmal sind die Leitungen auf der Rohdecke noch wochenlang dem Baustellenbetrieb ausgesetzt und werden vorgeschädigt.

Nicht ohne Grund verlangte die VOB ATV DIN 18353 unter Ziffer 3.1.1 die Geltendmachung von Bedenken bei „Rohrleitungen und dergleichen auf dem Untergrund“.
Mittlerweile ist auch der Bundesverband Estrich und Belag (BEB) eingeknickt und lässt solche Vorbedingungen unter bestimmten Voraussetzungen für die Leistungen seiner Mitglieder zu.
Seit 2009 lautet der Text „Rohrleitungen und dergleichen auf dem Untergrund, wenn kein Höhenausgleich vorgesehen ist“. Ob sich damit die Estrichleger immer aus ihrer Verantwortung ziehen können ist äußerst fraglich, denn keines der vorgenannten Probleme wird durch diese nachgeschobene Bedingung beseitigt.
Und was dem einen erlaubt ist, kann dem anderen nicht verboten werden. So sehen es diejenigen Pfuscher, die ihre Gasleitung in den Fußboden verlegen.

Von manchen Gerichtsgutachtern wird fälschlicherweise von einer „Üblichkeit“ gesprochen, die nicht zu beanstanden sei. Auch wenn Pfusch „üblich“ sein sollte, so bleibt er immer noch zu beanstanden.
Das ist der Weg der Üblichkeit: Erst ist es beim Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern „üblich“, vornehmlich im Bereich des schlüsselfertigen Bauens, dann bei Mehrfamilienhäusern, dann bei Büro- und Verwaltungsgebäuden usw.
Dies ist nicht nachvollziehbar, weil es ein Verstoß gegen die entsprechenden Regelwerke der beteiligten Gewerke ist. Selbst, wenn dieser Pfusch wohlwollend als Sonderkonstruktion betrachtet wird, muss diese ausdrücklich vereinbart sein, wobei die aufklärenden Hinweis- und Beratungspflichten nachweisbar vorausgegangen sein müssen.


PETER  KLENK                                 

Ingenieurbüro für Bauanalysen              
Ingenieur (grad.) Fachbereich Architektur 
Wirtschaftsingenieur (grad.)  
Carl-Benz-Str. 4             
76437 Rastatt        
Fon 07222-967699       
E-Mail: Info@baukontrolle-klenk.com 

 

Stand 19.07.2022