Baumangel Baupfusch

Baumangel = Baupfusch

Der Verdacht eines Baulaien, dass ein Baumangel gegeben sein könnte, wird in der Regel geweckt, wenn ihm Anzeichen und Merkwürdigkeiten auffallen, mit denen er nicht gerechnet hat, zum Beispiel:
Risse im Putz, lockere Türrahmen, Türen lassen sich nicht ganz öffnen, Zugerscheinungen, Schimmelpilz in der Kellerwohnung und im ausgebauten Dach, Verfärbungen an der Fassade, Feuchtigkeitsflecken an den Wänden, Blasenbildung an der Fassade, abblätternder Anstrich, Wasser im Keller, undichtes Dach, stinkende und nicht voll funktionierende Abflüsse, Kratzer im Fensterglas, Kratzer in der Beschichtung der Fensterbänke,   Geräuschübertragungen, zu tiefe Kopfhöhe über Treppenläufen usw. usw.

Der Jurist stellt die Frage: Sind diese Symptome als „wesentliche Mängel“ zu definieren?

Wann gilt ein Mangel als „wesentlich“?
Wenn er unter Beachtung des Vertragsziels und unter Berücksichtigung der vom Bauherrn beabsichtigten Nutzung und Verwendung der Leistung des Auftragnehmers als erheblich anzusehen ist, z.B.:

·                     Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit,

·                     Verminderung des Wertes,

·                     Aufhebung der angestrebten Tauglichkeit,

·                     Fehlen bzw. Nichterreichen der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit
           (Vertrags-Soll),

·                     Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik,

·                     Vielzahl „unwesentlicher“ Mängel, die in ihrer Gesamtheit Nutzung und   Wert
                         beeinträchtigen und unzumutbar sind.


Eigentlich wollte ich hier die Baumängel auflisten, die mir in meiner Erfahrungswelt immer wieder begegnen. Aber die Reihe erscheint mir unendlich. Daher beschränke ich mich auf die folgenden Hinweise, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Die häufigsten und schwerwiegendsten Mängel, die teilweise sogar die Bausubstanz bedrohen, sind zur Zeit zu finden in den Bereichen:


Kellerbau, hier insbesondere die Abdichtung gegen von außen angreifendes
Wasser. Die „Weiße Wanne“ ist in aller Munde, aber nur wenige wissen, wie es
geht. Momentan ist die „Schwarzweiße Wanne“, auch „Zebra-Wanne“
genannt, stark im Kommen. Wer so etwas empfiehlt, ist kein Fachmann.
 
Fassade (Vollwärmeschutz), hier insbesondere bei Wärmedämm-  Verbundsystemen und hier nochmals insbesondere bei „Altbausanierungen“.
Ich habe bis heute keine einzige Fassade mit einem Wärmedämm-  Verbundsystem gesehen, die fehlerfrei gewesen wäre.

Fassadensockel.

Perimeterdämmung.

In den Altbau nachträglich eingebaute hochdämmende Fenster.

Dach (Vollwärmeschutz), hier insbesondere bei „Altbausanierungen“.

Fußboden. Hier ist die Unsitte eingerissen, die Ver- und Entsorgungsleitungen  im Fußbodenschichtenaufbau zu verlegen. Sogar unter Fußbodenheizungen  (Heizestrich mit Warmwasserleitungen).

Winddichtigkeit der Dachkonstruktion (äußere Gebäudehülle).

Luftdichtheit der inneren Gebäudehülle gemäß Energieeinsparverordnung.

Bäder (Nassräume).

Trockenbau in ausgebauten Dachgeschossen.

KfW-Energiesparhäuser, insbesondere KfW-40.

Baufehler hat es schon immer gegeben. In der Regel wurden dafür die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Dies hat sich heute gewandelt. Mit dem Trend zum „preiswerten“ schlüsselfertigen Bauen im Verein mit einem fiktiven Energieeinsparziel hat sich eine immer stärker werdende Tendenz zum Baupfusch ergeben.
Hier tummeln sich gewerbsmäßige Baupfuscher, die sich ständig und profihaft in juristischen Grauzonen bewegen. Deren Geschäftsmodell ist der Baupfusch. Besonderes Kennzeichen: Lockangebote mit Niedrigpreisen. Drohung mit der Einstellung der Bauarbeiten, wenn der Bauherr mit einer Mängelrüge aufbegehrt oder sogar einen Gutachter einschaltet. Solche Firmen sind nicht bautechnisch, sondern kaufmännisch-juristisch ausgerichtet. Gründe, die das Überleben solcher Firmen begünstigen: Konfliktscheue und finanzschwache Kunden, die sich leicht durch Drohungen einschüchtern lassen; die Zivilprozessordnung; Überlastung der Gerichte; bautechnisch uninformierte Rechtsanwälte; unfähige, voreingenommene Gerichtssachverständige; die Konfliktkosten sind im vertraglich vereinbarten Preis bereits einkalkuliert; die besseren und auf die Verteidigung des Baupfuschs spezialisierten Rechtsanwälte (usw.).

Im Gefolge der Baupfuscher hat sich mittlerweile eine ganze Industrie entwickelt, die von Baufehlern lebt, z.B. Baubiologen, Schimmelpilzbekämpfer, Bauaustrockner, Bautenschützer und Kellersanierer, „Bausachverständige“, die Industrie, die Sanierungsprodukte kreiert, Verlage, die massenweise Bücher über Bauschäden herausbringen, und eine gewisse Zertifizierungsindustrie usw. usw. Baupfusch ist ein tolles Geschäft, schon so etwas wie ein Konjunkturmotor.

Und wer verteidigt den Pfusch so gut er kann? Der gerichtlich beauftragte Sachverständige. Er ist bei behaupteten Baumängeln vor Gericht das Beweismittel gemäß der Zivilprozessordnung. Auf seine Unfähigkeit und Stümperhaftigkeit kann sich der Baupfuscher immer verlassen.

Aber der mächtigste Antreiber ist der Staat:
Der von Industrie und Politik induzierte Zeitgeist, der sich im Bauwesen in der Energieeinsparverordnung (EnEV) und deren immer wahnhafteren Fortschreibungen (GEG) offenbart, lässt ein schadensfreies + wirtschaftliches + krisensicheres + umweltbewusstes + gesunderhaltendes Bauen = richtiges Bauen nicht mehr zu. Durch die EnEV werden Planer, Handwerker und Bauherren durch bauordnungsrechtlichen Druck zum experimentellen Bauen gezwungen, weil auf Erfahrung und Bewährung als wichtige Grundlagen des erfolgreichen Bauens verzichtet werden muss.

Abschließend noch eine Anmerkung bezüglich der sogenannten „Energieberater“.
Ein neues Berufsbild auf der Grundlage fiktiver Versprechungen? Hier sind oft Seiteneinsteiger mit sogenannten „Zertifizierungen“, was auch immer damit gemeint sein sollte, von TÜV, Dekra, Stromversorgern, Energieagenturen usw. usw. unterwegs, denen jegliches Basiswissen, was das Bauen betrifft, abgeht. Hier kann man Gläubige treffen, die ihren eigenen „Glauben“, das ihnen aufoktroyierte „Wissen“, nicht verstehen.
Die Fähigkeiten eines Baufachmannes entwickeln sich z.B. aus einer abgeschlossenen Bauberufslehre, Ingenieurstudium, ständige Weiterbildung im Verein mit praktischer Erfahrung auf der Grundlage einer skeptischen Geisteshaltung, die ihn die Dinge hinterfragen lässt.

Sie sollten sich daher Fragen stellen, zum Beispiel:
- Wie kann ich genau kontrollieren, dass das, was der Energieberater  
  verspricht und berechnet, auch tatsächlich als nachweisbarer und  
  dauerhafter Erfolg eintritt?
- Welche Methode bietet er an, um den Beweis anzutreten?
- Lockt er mit einem zinsgünstigen KfW-Kredit?
- Welche Maßnahmen beschreiben sein Energieeinspar-Versprechen?
- In welchem Zeitraum sollen sich die Maßnahmen amortisieren?
- Garantiert und unterschreibt er verbindlich, dass mit diesen
  Maßnahmen das Energieeinsparziel auch tatsächlich erreicht wird?
- Soll ein Haftungsausschluss vereinbart werden?

Wenn Sie Ihren gesunden Menschenverstand beachten, werden Sie sehr schnell feststellen können, dass hier Fiktionen und Illusionen auf der Grundlage einer Zukunftsdeuterei, ähnlich der von Sehern und Eingeweidelesern im Altertum, „berechnet“ und verkauft werden.
Beim „energiesparenden Bauen“ verlangt der industriehörige Staat von seinen Bürgern, dass sie auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Amortisation gänzlich verzichten. Der geniale Nachbesserungstrick des Staates: Der Vermieter bestellt, der Mieter bezahlt. Hier werden mit Gewalt die Interessen der Industrie und des Handels durchgesetzt.


PETER  KLENK                                 
Ingenieur (grad.) Fachbereich Architektur 
Wirtschaftsingenieur (grad.)  
Carl-Benz-Str. 4             
76437 Rastatt        
Fon 07222-967699       
E-Mail: info@baukontrolle-klenk.com
   
Stand 22.04.17