Dachterrasse - Falsche Baugutachten

Entstehen durch das Gutachtenergebnis Zweifel, Unsicherheit, Misstrauen, so muss das Gutachten hinterfragt werden. In der Regel wird dies durch die Partei erfolgen, die sich benachteiligt fühlt, aber nun vor der Schwierigkeit steht, die Mängel und Fehler des Gutachtens so darzustellen, dass dies von dem vorwiegend juristisch gebildeten Auftraggeber des Gutachtens, dem Gericht, nachvollzogen werden kann.

Dabei kann ich aufgrund meiner langen Erfahrung mit solchen Problemstellungen helfen und die entsprechende Gegenwehr und Problemlösung aufzeigen.

Hier einige Beispiele über Fehler und Mängel:

Fehlendes Gefälle in der Unterkonstruktion. Das Gefälle muss bereits in der Betondecke angelegt sein.  Auch hier gilt der Planungsgrundsatz: Stehendes Wasser auf der Dachabdichtung ist zu vermeiden!
Oft wird hier als „Nothilfe“ eine sogenannte „Gefälledämmung“ eingesetzt. Dies ergibt zumeist Probleme mit den Anschlusshöhen, spätestens an den Schwellen der Fenster-Tür-Elemente. Der Spruch: „Ich muss doch irgendwie Gefälle reinbringen!“ heilt nicht den Planungsfehler im Bereich der Betondecke.
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Keine Einhaltung der erforderlichen Anschlusshöhen an Wände, Brüstung, Terrassentür-Schwelle und Dachrand (Attika).
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Falsche Anordnung der Entwässerungsmöglichkeiten. Entgegen jeglicher Logik ist es oft gerade die Art und Weise, wie die Abläufe eingebaut sind, was stehendes Wasser verursacht. Abläufe sind nicht irgendwo in den Ecken zu verstecken, sondern so anzuordnen, dass sie „voll arbeiten“ können.
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Wie vor, jedoch waagrechte Anordnung in der geschlossenen Brüstung. Oft in einer Kombinationseinheit mit dem Notüberlauf (Speier).
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Wie vor, fehlende Notüberläufe.
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Fehlender Anschlussflansch am Notüberlauf für die fach- und regelgerechte Andichtung der Dachdichtungsbahn. Die geniale Lösung der Pfuscher: Das Notüberlaufrohr wird einfach ohne dichtende Verbindung mit der Abdichtung durch die Anschlussabdichtung der Brüstung oder Attika durchgesteckt.
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Fehlende Gleit- und Trennschichten, fehlende Dränlagen unter Schutzestrichen bzw. Estrichen mit Fliesenbelag.
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Fehlende Schutzlage. Die Abdichtung muss immer gegen mechanische Einwirkungen geschützt sein.
Dies gilt sowohl während der Bauzeit als auch für die spätere Nutzung.
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Keine regelgerechte Ausbildung von Bewegungsfugen, insbesondere bei Anschlüssen an Nachbargebäude.
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Fehlender Schutz gegen mechanische Beschädigungen im Bereich der Wand-, Brüstungs-. Tür- und Dachrandanschlusses = Schutz der Abdichtungsbahn, z.B. durch Blechverwahrung.
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Fehlende Windsogsicherheit. Mittlerweile ist es Mode, statt Plattenbeläge, Holzroste zu verwenden.
Aber es wird vergessen, dass der Dachschichtenaufbau, z.B. bei Verwendung von Kunststoff-Dachbahnen, lose verlegt ist. Dies gilt auch für begrünte Dächer.
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Falsche Detailausbildung im Bereich zur Rinne. Oft bei Dachterrassen mit Geländerabschluss.
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Falsche Verarbeitung der Dachmaterialien, insbesondere der Dachabdichtungsbahnen.
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Verwendung von nicht ausreichend druckfesten Dämmmaterialien. Hier muss eine höhere Druckfestigkeit angenommen werden, als bei einem nicht genutzten Flachdach.
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Unzureichende Maßnahmen gegen Trittschall. Fehlende Trittschalldämmung.
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Experimente mit multifunktionalen Wundermaterialien. Flüssige Materialien, die nur „hingeschmiert“ werden, ergeben keine kontrollierte und sichere Abdichtung.
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Mängel Außenbeläge aus Holz:
Lagerhölzer sind stehendem Wasser ausgesetzt.
Fehlende Abstandhalter, z.B. Mörtelbatzen oder Stelzlager
Lagerhölzer behindern die Entwässerung der Dachterrassenfläche
Stolpergefahr durch sich ablösende Oberflächen der Holzbohlen
Unzureichender Holzschutz

Dies sind nur einige Beispiele aus dem Bereich der sogenannten "genutzten Dächer".

Fast hoffnungslos wird es bei Kombinationen, wie Dachterrasse mit begrüntem Dach.
Oder bei nachträglich „umgenutzten“ Flachdachflächen zur Dachterrasse und/oder „Dachgarten“.
Abdichtungsfunktion geht vor Gestaltung durch Bepflanzung, aber im Laufe der Jahre wird bei der weiteren Gestaltung und Bepflanzung vergessen, dass „irgendwo“ noch eine Abdichtung zu berücksichtigen ist. Auch eine extensive Bepflanzung muss gepflegt werden, auch hier müssen die Abläufe des Niederschlagswassers mindestens zweimal im Jahr gereinigt werden. Sonst wird extensiv schnell intensiv.

Ein immerwährendes Streitthema ist die Anschlusshöhe der Abdichtung an die Terrassentür bzw. an das Fenster-Tür-Element. Von dem Umstand einmal abgesehen, dass der Irrtum, die 15-cm-Regel gelte ab der Oberkante Abdichtung, nicht auszumerzen ist, so verlangt das Regelwerk des Dachdeckerhandwerks nicht ohne Grund: 15 cm ab Oberkante Terrassenbelag. Dies hat u.A. seine Berechtigung in der sicheren handwerklichen Ausführung verbunden mit der Gewährleistung.
Handwerker unterliegen der Erfolgshaftung. Somit sind sie berechtigt und verpflichtet, nur erfahrungsgemäß sichere Lösungen anzubieten.
Viele Planer und Bauherren wollen diese „Stufenlösung“ mit mancherlei Argumenten nicht akzeptieren. Dem gilt es entgegen zu halten: Abdichtungs-Sicherheit geht vor Bequemlichkeit! Letztlich kommt diese Maxime auch durch den Werterhalt dem Bauherrn zugute.

Argumente für Abweichungen werden immer wieder, auch von Gerichtssachverständigen, vorgetragen:

- Man könne bis auf 5 cm heruntergehen, wenn eine Rinne vor der Schwelle verlegt werde. Das Regelwerk erlaubt dies. Aber diese Rinne muss kontrolliert entwässert werden können, ihre Abdeckung darf keine Spritzwasserbelastung ergeben und sie muss regelmäßig gereinigt werden.

- Eine Überdachung, z.B. wird für dieses Argument oft der Dachvorsprung herangezogen, der für diese Funktion so gar nicht geplant ist, sei ein ausreichender Schutz des Schwellenbereiches vor Schlagregen. Das Regelwerk erlaubt dies. Aber wie weit muss die Überdachung letztlich auskragen, um den sicheren Schlagregenschutz gewährleisten zu können? Dachterrassen, z.B. bei Penthouse-Wohnungen, sind oft in einer Höhe weit über 8 m. Hier kann der Schlagregen bei Starkregenereignissen mit den entsprechenden Windverhältnissen in einem Winkel über 45° angreifen. Und, entgegen der Meinung so mancher Gerichtssachverständiger: der Regen kann fast waagrecht einschlagen und durch Winddruck kann sogar das Wasser nach oben wandern. Dies kann eigentlich jeder Interessierte selbst beobachten.

- Die Bodenschwellen-Freiheit. Das heißt, Wohnungsboden und Terrassenboden in gleicher Höhe. Ein Ausnahmefall für behinderte Menschen wird als Allheil-Argument für verpfuschte Lösungen herangezogen. Diese Meinung ist oft von den Pfuschern zu hören, wenn sie ihre ungeplante und zufällige „Baustellenlösung“ nachträglich begründen müssen.

- Die zufälligen „Baustellenlösungen“ zwischen 15 und 5 cm und zwischen 5 und null cm. Die einen werden mit der „5-cm-Regel“ und die anderen mit der als erlaubt behaupteten Niveaugleichheit nachträglich begründet.
Abweichungen von Regelausführungen  sind Sonderkonstruktionen, die vertraglich vereinbart sein müssen.

Planung und Ausführung einer Dachterrassenabdichtung erfordern Personen mit Erfahrung, fundiertem Fachwissen, hohem handwerklichen Können, kritischer Distanz zu den Wundermitteln der Industrie und Selbstkontrolle, welche die Vorgaben der Regelwerke umsetzen können. Daran mangelt es.

Auf diesem Gebiet tauchen viele Pfuscher auf, die sich mit den entsprechenden Wundermitteln anpreisen, insbesondere bei Sanierungsfällen. Aus Kostengründen, und weil sie den Bauherren bzw. Hausbesitzern das erzählen, was diese hören wollen, werden sie seriös beratenden und arbeitenden Handwerksfirmen vorgezogen.

Über Pfusch an Dachterrassen gibt es mittlerweile eine riesige Bauschadens-Literatur. Ein gerüttelt Maß an Mitschuld tragen hier unbelehrbare, uneinsichtige Bauherren bzw. Hausbesitzer, die gegen jede handwerkliche Beratung unbedingt eine Dachterrasse durchsetzen wollen. Man denke nur an diejenigen, die plötzlich auf die Idee kommen, nachträglich in ihr Steildach eine Dachterrasse „einschneiden“ zu lassen. Gefahren und Nachteile wollen sie nicht hören und Pfuscher bedienen diesen Markt gern. Nichts ist unmöglich.

Vieles von dem zuvor Gesagten gilt auch für Loggien, Kombinationen Loggien/Terrassen und Loggien/Balkone.


PETER  KLENK                                 

Ingenieurbüro für Bauanalysen              
Ingenieur (grad.) Fachbereich Architektur 
Wirtschaftsingenieur (grad.)  
Carl-Benz-Str. 4             
76437 Rastatt        
Fon 07222-967699       
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Stand 19.07.2022